Arbeit als Strafe – Freizeit und Muße als Belohnung. So einfach ist unsere Welt, wenn sie je so war, nicht mehr. Immer weniger Menschen müssen immer mehr arbeiten. Und immer mehr sind zum Leben ohne Arbeit, zum Müßiggang, verdammt. In beiden Fällen bleibt die Muße auf der Strecke, weil sie vom erzwungenen Nichtstun genauso weit entfernt ist wie vom Stress und von der Freizeitindustrie. Erst in der Neuzeit, mit dem Siegeszug der entfesselten Arbeit, verlor die Muße ihre gleichsam aristokratische Bedeutung und verkam zum Luxus der Leisure class. Ursprünglich war die Muße – griechisch scole, lateinisch schola – die Befreiung von entfremdeter Arbeit zur geistig-produktiven Betätigung und zur philosophierenden Erkenntnis um ihrer selbst willen. „Ohne Muße keine Kultur“ (Negt). Dieses „tätige Nichtstun“ (Seneca) als die Ruhe vor dem Sturm der Gedanken war immer schon die Voraussetzung kreativer Arbeit und selbstkritischer Reflexion.
Dr. Peter Lucke studierte Germanistik, Philosophie und Evangelische Religion in Tübingen, Berlin und Zürich. Er promovierte bei Walter Jens über Gewalt und Gegengewalt in den Flugschriften der Reformation. Er lehrte an Gymnasien in Winnenden und Neckarsulm.