Otto Dix gilt als der überragende Realist der Malerei der Klassischen Moderne. Während er in seinem Frühwerk teils impressionistische, teils expressionistische und sogar kubistische Einflüsse verarbeitete, unterbrach der 1. Weltkrieg diese Entwicklung. Als Frontsoldat dienend erlebte Dix den Krieg in seiner ganzen Grauenhaftigkeit. Dieser psychische Schock der Kriegskatastrophe sowie die sich anschließende Krise und Verzweiflungsstimmung wurden für ihn zur Stimulanz für seine anklagenden Bilder. Mit sozialkritischer Schärfe und schonungsloser Offenheit schilderte Dix die erschütternden Themen der Gräuel des Krieges und sozialen Missstände in ausgefeilter technischer Perfektion mittels der altmeisterlichen Lasurtechnik. Auch seine Porträts der 20er und 30er-Jahre sind gekennzeichnet von einem schonungslosen Realismus gepaart mit einer tiefgreifenden Charakterzeichnung der Dargestellten. Damit gilt er als Hauptvertreter der sogenannten Neuen Sachlichkeit. Aufgrund seiner scharfzüngigen Bilder erlebte Dix jedoch ab 1933 die ganze Härte des Machtapparates: seiner Dresdner Professur enthoben erhielt er Mal- und Ausstellungsverbot, zog sich schließlich nach Hemmenhofen an den Bodensee zurück und flüchtete sich – wie er es selbst nannte – in die Landschaftsmalerei.
Ulla Groha studierte Kunstgeschichte, Publizistik und Deutsche Volkskunde in Mainz und Dijon. Seit 1998 ist sie freiberufliche Kunsthistorikerin und Museumspädagogin bei verschiedenen Bildungseinrichtungen der Region und der Staatsgalerie Stuttgart.